Was hat Geschlecht mit Politik und Politik mit Geschlechtergerechtigkeit zu tun? Wir erklären, was Geschlechtergerechtigkeit bedeutet und was es mit Feminismus auf sich hat. Wir thematisieren, wie mit dem Begriff „Genderismus“ versucht wird, Bemühungen um Geschlechtergerechtigkeit anzugreifen und warum Meinungsfreiheit nicht bedeutet, alles sagen zu dürfen. Außerdem erhaltet ihr Anregungen dafür, wie und wo ihr euch engagieren könnt.
Inhaltsverzeichnis
Geschlechtergerechtigkeit – was heißt das?
Geschlechtergerechtigkeit heißt, dass Personen unabhängig von ihrem Geschlecht die gleichen Chancen und Rechte haben. Das haben wir in unserer Gesellschaft noch nicht erreicht.
Viele Frauen bekommen zum Beispiel einen Job nicht, weil sie „vielleicht bald Kinder bekommen“. Männer bekommen auch Kinder! Für sie ist das aber meistens kein Nachteil. Nicht-binäre und trans* Personen erleben immer noch viel Gewalt und Diskriminierung: zum Beispiel indem ihnen nicht geglaubt wird, wenn sie sagen, welches Geschlecht sie haben, oder indem ihre selbst gewählten Namen und Pronomen nicht anerkannt werden.
Gleiche Rechte und Möglichkeiten für alle Geschlechter sind also noch immer nicht erreicht. Menschen werden aufgrund ihres Geschlechts und anderer Zugehörigkeiten (z.B. Hautfarbe oder Herkunft, Religion, Behinderung oder Alter) benachteiligt. Die Strukturen, die dazu führen, verändern sich nicht von allein, und auch Einzelpersonen können sie nicht einfach überwinden. Jeder ist seines Glückes Schmied? Stimmt nicht, wenn einige schon von Geburt an lernen mit dem Hammer umzugehen und anderen immer wieder gesagt wird, sie hätten in der Schmiede nichts verloren.
Seit Jahrhunderten kämpfen Menschen für eine gerechtere Gesellschaft. Auf der Straße, zu Hause und in Fabriken setzten und setzen sich Leute gegen Ungerechtigkeit ein. Es geht um die Verteilung von Ressourcen (z.B. Geld, Lebensmittel, Zugang zu Bildung), gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Ein wichtiger Teil dieser sozialen Bewegungen waren und sind Personen, die selbst diskriminiert und unterdrückt werden: Frauen, trans* und inter* Personen, Migrant_innen, Arbeiter_innen. Feministische Bewegungen setzen sich gegen Ungerechtigkeit aufgrund von Geschlecht ein. Sie haben viele der Rechte und Freiheiten erkämpft, die für uns heute selbstverständlich sind.
Ist das jetzt „Genderismus“?
Wo es um eine Auseinandersetzung mit Geschlecht und Forderung von Gerechtigkeit geht, ist in letzter Zeit schnell von „Genderismus“ oder „Genderwahn“ die Rede. Politik und Forschung zu Gender werden als lächerlich oder ideologisch bezeichnet. Ist das gerechtfertigt?
Eine Ideologie ist ein geschlossenes Weltbild, das so tut, als habe es für jede Frage die richtige Lösung. Menschen, die sich ernsthaft mit Gender beschäftigen, stellen aber eher Fragen und versuchen, Geschlecht zu verstehen. Auch staatliche Politik beschäftigt sich damit, weil sie Einfluss auf die Rechte und Möglichkeiten von Menschen hat und deshalb auch Verantwortung für die Gleichstellung aller Geschlechter trägt. Mit Ideologie hat das nichts zu tun.
Worum geht es also? Politisches Engagement
In einer Gesellschaft mit unterschiedlichen Lebensweisen gibt es immer auch Konflikte und Debatten. Das ist auch in Ordnung! Diskutieren und verhandeln gehört dazu. Es geht aber weiterhin auch um gemeinsame Kämpfe für gegenseitigen Respekt, eine faire Verteilung von Ressourcen und gleiche Rechte. Vieles davon leben wir bereits tagtäglich in Familien und Freundeskreisen, in denen wir die anderen akzeptieren wie sie sind und unterstützend miteinander umgehen. Gesellschaftlich muss sich da noch einiges tun – für eine gerechtere und nachhaltigere Wirtschaft, für gerechte Verteilung von Sorgearbeit (das Kümmern und Verantwortung übernehmen für andere Menschen), für die Selbstbestimmung über den eigenen Körper und vieles mehr. Dafür – und für jede Menge andere politische Themen und Anliegen – setzen sich viele verschiedene Menschen ein.